Die Stader Parkhaus-Saga

Drama in drei Akten, erzählt von Reinhard ElfringErster Akt: In dem Verwaltung, SPD und CDU – im Weiteren „die Parkhausmehrheit“ – beschließen, dass sie auch das neue Parkhaus in städtischer Hand betreiben und bauen wollen, um Besucherströme und die Parker besser steuern zu können. Grüne und WG warnen von Anfang an vor den damit verbundenen finanziellen Risiken, die sich am Ende bewahrheiten:

22.07.19 –

Drama in drei Akten, erzählt von Reinhard Elfring
Erster Akt:
In dem Verwaltung, SPD und CDU – im Weiteren „die Parkhausmehrheit“ – beschließen, dass sie auch das neue Parkhaus in städtischer Hand betreiben und bauen wollen, um Besucherströme und die Parker besser steuern zu können. Grüne und WG warnen von Anfang an vor den damit verbundenen finanziellen Risiken, die sich am Ende bewahrheiten: Die europaweite Ausschreibung führt zu einem absolut unakzeptablen Ergebnis und die Parkhausmehrheit muss noch froh sein, dass sich der Parkhaus-Investor Matrix am Ende bereit erklärt, zu einem All-inclusive-Preis von 13 Mio. € das Objekt zu erstellen und die Stadt von allen Schadensersatzansprüchen wegen verspäteter Fertigstellung u.a. frei zu stellen. Mehrkosten gegenüber den ursprünglichen Schätzungen rund 6 Mio. €.

Zweiter Akt:
In dem Matrix die schwache Verhandlungsposition der Stadt konsequent ausnutzt und sie nötigt

  • dem kostenlosen Parken für eine Stunde für alle REWE-Kunden zuzustimmen. Da die Stadt als öffentliches Unternehmen mit ihrem Parkhaus jedoch keine Privatfirma bevorzugen darf, muss sie diese Regelung auf alle Parker in der Stadt ausweiten. Das kostet der Stadt mehrere Hundertausende per anno – Matrix erklärt sich aber bereit, eine großzügige Entschädigung von 30.000 € über 15 Jahre zu zahlen, und
  • auf Ablösebeträge für Parkplätze in Höhe von rund 1,1 Mio. € zu verzichten, zu deren Schaffung der Eigentümer des Geschäftshauses laut Satzung verpflichtet gewesen wäre. Dazu werden 230 Parkplätze im alten Parkhaus, das Matrix an die Stadt verkauft hatte – ihr also gar nicht mehr gehörten – noch mal auf die Bauverpflichtung angerechnet. Auf die Beschwerden der Fraktion der Grünen erklärt dazu die Kommunalaufsicht (Landkreis): Das sei im Rahmen der Vertragsfreiheit noch vertretbar (Seit wann sind Satzungsinhalte verhandelbar?). Und die angerufene EU-Kommission erklärt: Ob das eine ungerechtfertigte Bevorzugung sei, bräuchten sie nicht zu entscheiden, da der Fraktion ja kein Nachteil entstanden sei. Aber anderen Grundeigentümern und vor allem der Stadtkasse schon.

Dritter Akt:
In dem die Parkhausmehrheit den Beschluss über Bau-Auftrag und Finanzierung des Projekts ohne triftigen Grund in nichtöffentlicher Sitzung trifft. Statt die Mehrkosten durch einen Nachtragshaushalt zu finanzieren, was bei dem Umfang eigentlich erforderlich, dann aber öffentlich geworden wäre, werden Gelder aus anderen Projekten umgewidmet. Davon gibt es in Stade immer genug, weil viele Projekte nicht rechtzeitig umgesetzt werden. Da Ratsmitglieder über nichtöffentlich gefasste Beschlüsse nicht sprechen dürfen, bleiben die tatsächlichen Gesamtkosten bis kurz vor der Bürgermeisterwahl für die BürgerInnen unbekannt – was der Parkhausmehrheit sicher gut in den Kram passte, denn ein Ruhmesblatt ist die Kostenexplosion nicht.+

Epilog:
Nachdem die Bürgermeisterin im Tageblatt-TV-Duell die Bekanntgabe der Zahlen in Aussicht stellt, geht der Erzähler mit seinen Informationen direkt an die Öffentlichkeit, weil er sich

  • an die Geheimhaltungspflicht nicht mehr gebunden fühlt
  • die Bürger Anspruch haben, diese Zahlen zu kennen
  • es ein nicht unwesentlicher Punkt in der Bilanz der Bürgermeisterin in den letzten acht Jahren ist.

Und die Moral von der Geschicht: Anders als im Märchen gewinnen hier nicht die Guten, und die Bösen kriegen ihre gerechte Strafe. Der eigentliche Skandal (2. Akt) bleibt rechtlich und politisch ungesühnt. Für die politische Dummheit (1. Akt) und die verfahrensmäßigen Fehler (3. Akt) der Parkhausmehrheit wird nicht diese, sondern allein die Bürgermeisterin bei der Wahl abgestraft. Ist das fair? Eher nicht, aber wer alle positiven Entwicklungen in der Stadt für sich reklamiert (z.B. die positive Arbeitsmarktlage) muss damit leben, dass ihm/ihr auch die Fehler angelastet werden.

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