Stader Bürgermeisterin Silvia Nieber erschüttert das Vertrauen mit Ratsparteien. Rot-Grüne Zusammenarbeit beendet?

Ein politisches Nachspiel wird die durch Bürgermeisterin Silvia Nieber (SPD) allein entschiedene Beendigung des Bewerberverfahrens um die Stelle der Stadtbaurätin/des Stadtbaurates im Rat der Stadt Stade haben. Empört reagierten die Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und Wählergemeinschaft/FDP, anfänglich auch die SPD-Fraktion. Gemeinsam beantragen jetzt die drei Fraktionen die unverzügliche Einberufung des Rates der Hansestadt Stade. Durch ihre Entscheidung hat die Bürgermeisterin Silvia Nieber das Vertrauen und die Zusammenarbeit mit den Ratsparteien stark erschüttert.

31.01.15 –

Ein politisches Nachspiel wird die durch Bürgermeisterin Silvia Nieber (SPD) allein entschiedene Beendigung des Bewerberverfahrens um die Stelle der Stadtbaurätin/des Stadtbaurates im Rat der Stadt Stade haben. Empört reagierten die Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die Grünen und Wählergemeinschaft/FDP, anfänglich auch die SPD-Fraktion. Gemeinsam beantragten die drei Fraktionen die unverzügliche Einberufung des Rates der Hansestadt Stade. Durch ihre Entscheidung hat die Bürgermeisterin Silvia Nieber das Vertrauen und die Zusammenarbeit mit den Ratsparteien stark erschüttert.
In Stade gibt es seit der vergangenen Kommunalwahl im Rat der Hansestadt Stade eine Rot-Grüne Zusammenarbeit. Düpiert fühlt sich deshalb die Ratsfraktion von Bündnis90/Die Grünen. Ist die Grüne Zusammenarbeit mit der Bürgermeisterin Sivlia Nieber beendet? "Welche Konsequenzen der im Nachhinein von der SPD unterstützte Alleingang der Bürgermeisterin für die Zusammenarbeit zwischen Grünen und SPD hat, werden Fraktion und Partei in den nächsten Tagen beraten", kündigen die beiden Sprecher der Grünen Ratsfraktion Barbara Zurek und Reinhard Elfring an.

In einer gemeinsamen Presseerklärung äußern sich die drei Fraktionen zum Abbruch des Ausschreibungsverfahrens für den Stadtbaurat:

Am 12. und 13. Januar 2015 haben sich zuvor einvernehmlich ausgewählte Bewerber in  einer gemeinsamen Ausschusssitzung von VA und Finanz­/Personalausschuss vorgestellt. Zugegen waren bei dieser Vorstellung auch eine Vielzahl weiterer Mitglieder der Fraktionen, die an diesem Abend nicht stimmberechtigt waren, sich aber alle ein persönliches Bild von den Bewerbern machen wollten. Nach Beendigung der Vorstellungsrunde haben alle anwesenden Ratsmitglieder in ihren  jeweiligen Fraktionen in einer Sitzungspause beraten. Die Mehrheit kam zu der  Einschätzung, dass ein Bewerber eindeutig zu priorisieren sei. Diese Person hatte neben  einer langjährigen fachlichen Vita auch durch das Auftreten und inhaltliche Akzentsetzungen  in der Vorstellung überzeugt.

Die Fraktionsvorsitzenden haben der Bürgermeisterin deshalb noch in  der Sitzungspause unter Bezugnahme auf die durchgeführten Beratungen in ihren  Fraktionen signalisiert, diesen und nur diesen Kandidaten dem Rat in der Sitzung am 9. Februar zur Wahl vorzuschlagen.

Mit Unverständnis nehmen wir die Ankündigung der Bürgermeisterin zur Kenntnis, dass sie,  diesen mehrheitlich wählbaren Bewerber nicht dem Rat vorschlagen will und das  Auswahlverfahren für beendet erklärt. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die  Bürgermeisterin in den zuständigen Gremien dafür bislang keine (sachlich überzeugende)  Begründung abgegeben hat.  Für die Neubesetzung der vakanten Stelle ist die Weigerung der Bürgermeisterin, einen  mehrheitsfähigen Kandidaten vorzuschlagen, insofern problematisch, als mit dem Abbruch  des Ausschreibungsverfahrens nicht nur der präferierte, sondern auch allen anderen  Kandidatinnen und Kandidaten, die sich beworben hatten, als „verbrannt“ anzusehen sind.

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Hintergründiges zur Lage der Region von Wolfgang Stephan - Stader Tageblatt vom 31.01.2015
LANDKREIS. Polit-Theater vom Feinsten: Ratsfraktionen in Stade schlagen einen neuen Stadtbaurat vor, der der Bürgermeisterin nicht genehm ist.

Das kennen sie nicht in Stade, nicht in einer Stadt, in der Politik und Verwaltung seit Jahren die Harmonie pflegen und jeglichen Streit schon im Ansatz hinter den Kulissen bereinigen oder gemeinsam verschweigen – damit bloß nichts über Ungereimtheiten im TAGEBLATT steht.

Und jetzt das: Da schlagen die Ratsfraktionen einen neuen Stadtbaurat vor, der der Bürgermeisterin nicht genehm ist. Die wollte ohnehin einen eigenen Kandidaten aus dem eigenen Haus befördern, doch das wollen die Politiker nicht. So weit, so schlecht. Namen werden natürlich nicht genannt, auch die Details des Ungemachs sollen nicht bekannt werden. Silvia Nieber schweigt, weil es sich um nicht-öffentliche Personalangelegenheiten handelt. Formal stimmt das, aber es gibt auch noch andere, pikantere, Gründe, denn was sich hinter den Kulissen des Stader Rathauses derzeit abspielt, ist allerfeinstes Polit-Theater. Dass sich die Fraktionen – vor allem die SPD – auf einen Kandidaten aus Bad Oeynhausen einigen, den die Bürgermeisterin Silvia Nieber (SPD) später nicht will, ist schon ziemlich ungewöhnlich. Dass der Kandidat durchgefallen sein soll, weil er bei der Vorstellung verschwiegen hat, dass er mal bei den Grünen war, wäre ein starkes Stück, wo doch SPD und Grüne im Rat so gut harmonieren.

Eine zusätzliche Pointe in diesem Theater ist die Rolle von Oliver Grundmann (CDU), der die Bürgermeisterin angeblich vor dem Kandidaten gewarnt haben soll, bei seiner Vorstellung aber nicht anwesend war. Grundmann gestern zum TAGEBLATT: „Es stimmt, dass ich der Bürgermeisterin Informationen übermittelt habe.“ Die hätten sich aber nicht auf die mögliche Parteinähe des Kandidaten bezogen. „Dass ein CDU-Bundestagsabgeordneter mit einer Ferndiagnose bei der Bürgermeisterin Erfolg hat, ärgert mich maßlos“, schimpft ein einflussreicher Genosse, der nicht genannt werden will, um nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen. Als Löschtrupp versucht sich jetzt die SPD-Ratsfraktion, die plötzlich, so Vorsitzender Kai Holm, die Argumente der Bürgermeisterin verstehen könne.

Nicht ganz so friedlich ist die CDU-Fraktion gestimmt, die gemeinsam mit Bündnis90/Die Grünen und der WG/FDP-Fraktion eine Ratssitzung haben möchte, um über das Bewerber-Hickhack zu reden, was SPD und Bürgermeisterin gar nicht angenehm sein wird, was zu verstehen ist, wer wird schon gerne vorgeführt. Wer glaubt, dass damit die peinliche Posse erzählt ist, täuscht sich, denn über der ganzen Affäre liegt ein Schatten, dessen Auswirkungen noch nicht abzusehen sind. Silvia Nieber hat nämlich nicht irgendwen aus dem Hut zaubern wollen: Sie hatte den allseits geschätzten Stader Wirtschaftsförderer Thomas Friedrichs zu einer Bewerbung animiert.

So etwas macht eine Vorgesetzte eigentlich nur, wenn sie sicher ist, dass ihr Vorschlag auch angenommen wird. Schon vor der ersten Bewerbungsrunde hatte es deutliche Signale aus den Fraktionen gegeben, dass Friedrichs zwar geschätzt werde, aber als Wirtschaftsförderer und nicht als Stadtbaurat. Dennoch blieb Friedrichs im Rennen. Er gehörte zu den sieben Kandidaten, die sich offiziell vor den Politikern vorgestellt hatten, am Ende war er raus, weil sich die Politiker mit Nieber auf den Mann aus Bad Oeynhausen geeinigt hatten. Das war schon merkwürdig. Dass dann die Bürgermeisterin dem Kandidaten in Bad Oeynhausen erst freudig die Zusage übermittelte und später ihr Veto einlegte, ist schon peinlich, vorsichtig ausgedrückt. Normalerweise werden Erkundigungen über Kandidaten für so ein hochrangiges Amt vorher eingeholt.

Das Ergebnis ist bekannt: Das Auswahlverfahren ist gescheitert, es gibt erst einmal keinen Nachfolger von Stadtbaurat Schröder-Doms. Noch schlimmer: Alle Beteiligten sind nach diesem politischen Murks beschädigt. Die Politiker drücken das natürlich anders aus. Zitat des SPD-Fraktionschefs Kai Holm: „Gleichwohl sehen wir gemeinsam Anlass, beim nächsten Auswahlverfahren noch intensiver zu kommunizieren, um es ganz einfach besser hinzubekommen als in dieser Runde.“ Helau, Herr Holm...

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2015 | Fraktion